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rivendichiamo la precarita

Saturday, March 27, 2004

 

Bauarbeiter

express. Zeitschrift für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, 8/03

»...tausendmal ist nichts passiert ...«

Max Müller zum erfolgreichen Kampf gegen Lohnraub

Den ausstehenden Lohn nach erfolgter Arbeitskraftverausgabung eintreiben zu müssen, gehört wohl zu den frustrierendsten Momenten der unmittelbar zwischen Kapital und Arbeit stattfindenden Kämpfe. Um so berichtenswerter, wenn es selbst unter besonders widrigen Umständen mal geklappt hat.

Die Rathauspassagen am südöstlichen Rand des Alexanderplatzes sind Plattenbauten aus DDR-Zeiten und bei weitem nicht glamourös genug, um an einem derart zentralen Platz der Hauptstadt als Konsumtempel des 21. Jahrhunderts fungieren zu können. Welches Ambiente notwendig ist, um das zahlungskräftige Publikum in Konsumlaune zu versetzen, macht das neue Cubix-Kino, ein Würfel aus Neonlicht und Glas, unmittelbar neben den Rathauspassagen deutlich. Deshalb werden die Verkaufsflächen im Erdgeschoss der Rathauspassagen saniert, einer der künftigen Mieter soll Wal-Mart sein.

Im Zuge dieser Sanierung ließ die Berliner Wohnungsbaugesellschaft Mitte mbH (WBM, Vermieterin tausender Mietwohnungen in Berlin-Mitte) Abbrucharbeiten durch die CPM Baugesellschaft mbH durchführen, die ihrerseits die AK-ER GmbH in Gründung als Subunternehmen beauftragte. Die AKER GmbH stellte Arbeiter afrikanischer Herkunft ein – und am Ende fehlten 13500 Euro Lohn von 19 Arbeitern. Das alles passierte im September 2002. Später begegnete einer der Geprellten zufällig seinem Ex-Chef. Er forderte seinen Lohn. Seitdem kann der Arbeiter seinen Arm nicht mehr richtig bewegen.

Das bundesrepublikanische Arbeitsrecht lässt Klagen gegen Lohnraub selbst dann zu, wenn der/die ArbeiterIn offiziell in der BRD gar nicht arbeiten dürfte. Im Regelfall werden illegalisierte ArbeiterInnen den Gang zum Gericht scheuen, weil sie damit ihren Aufenthalt in der BRD gefährden.

Im Fall dieses Lohnraubs waren die Arbeitspapiere nicht das entscheidende Problem. Die Arbeiter beauftragten ein Rechtsanwaltsbüro. Der Klassencharakter des Arbeitsrechts beweist sich jedoch in der Dauer des Verfahrens (länger, als ein Bauarbeiter sich leisten kann, auf Lohn zu warten) und den formalen Verfahrenshürden. So muss eine Klage mit Namen und Anschrift an denjenigen zustellbar sein, gegen den sich die Klage richtet. Die WBM war nicht kooperationsbereit, auch nur Informationen für eine Klage der Arbeiter gegen das Subunternehmen zur Verfügung zu stellen.

Umsichtiges Vorgehen
Die Arbeiter nahmen Kontakt zur Flüchtlingsinitiative Brandenburg (FIB), zu Elexir-A und zur Antirassistischen Initiative Berlin auf. In diesem Zusammenschluss bündeln sich teils langjährige Erfahrungen in anti-rassistischen Kämpfen, auch zum Thema Lohnraub an Illegalisierten.

Diese Erfahrungen waren eine Voraussetzung für das umsichtige Vorgehen beim Kampf um die ausstehenden Lohngelder: So wurden ca. eine Woche vor der Demonstration (s.u.) Flugblätter in mehreren Sprachen an die zu diesem Zeitpunkt an den Rathauspassagen beschäftigten Arbeiter verteilt, in denen ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass Aktionen geplant seien und als Reaktion auf diese Aktionen und die damit bewirkte Öffentlichkeit mit Razzien auf der Baustelle zu rechnen sei.

Am 11. Juni 2003 fand um 11 Uhr eine Kundgebung vor der Baustelle mit anschließender Demonstration zum Hauptsitz der WBM, ca. einen Kilometer entfernt, statt. Etwa 50-100 Personen, darunter viele Schwarze, einige Mitglieder der Freien ArbeiterInnen Union (FAU) mit schwarz-roten Fahnen, und die üblichen Verdächtigen einer anti-rassistischen Demonstration aus dem Spektrum der radikalen Linken beteiligten sich.

Das gewerkschaftliche Spektrum
Die InitiatorInnen der Demo hatten noch keinen Kontakt zur IG BAU in Berlin aufgenommen. Ein Grund hierfür ist die gewerkschaftliche Befürwortung von Razzien gegen Schwarzarbeit. Nur zu gut erinnern sich die MigrantInnen und die anti-rassistische Szene Berlins an die Baucontainer der IG BAU an der Baustelle am Potsdamer Platz, in denen Denunziationen gegen Schwarzarbeit von der Gewerkschaft entgegengenommen wurden. Es war niemand anwesend, der/die eine DGB-Gewerkschaft repräsentiert hätte. Während der Kundgebung wurde allerdings eine Solidaritätsadresse eines Funktionärs der IG BAU Hamburg verlesen, der unter anderem die razzienfreundlichen Positionen seiner eigenen Gewerkschaft kritisierte. Kundgebungen und Demonstrationen sind auch Orte von Vernetzung, in dem Fall zwischen »kritischen Gewerkschaftern« und »Anti-Rassisten«: Die Initiativen wissen nun um eine mögliche »korrekte« Kontaktperson bei der IG BAU.

Während der Kundgebung vor der Baustelle nahmen die meisten Passanten spätestens dann ein Flugblatt, wenn man ihnen sagte, dass »die Arbeiter dieser Baustelle um ihren Lohn geprellt werden«. Weiter stand auf dem Flugblatt: »Wir fordern den Lohn ein, der diesen Arbeitern zusteht. Wir fordern Mindestrechte für alle ArbeiterInnen unabhängig vom Aufenthaltsstatus. Wir fordern gleichen Lohn für gleiche Arbeit und fordern auch die Solidarität der Kolleginnen und Kollegen ein.« In dem Flugblatt und in den Redebeiträgen auf Deutsch, Englisch, Französisch und Russisch wurde darüber hinaus gegen Razzien, gegen die Kriminalisierung von Schwarzarbeit, für das Recht auf Arbeit, und dafür argumentiert, dass die WBM den Arbeitern den ausstehenden Lohn zahlen und ihn sich hinterher vom Subunternehmen wieder holen solle.

Lohn her! Lohn her!
Dieses letzte Argument wurde wichtig als die Demonstration vor der Geschäftsstelle der WBM ankam und die Beteiligten »Lohn her, Lohn her!« und »zahlen, zahlen!« riefen. Die Pressearbeit zur Demonstration hatte bewirkt, dass Journalisten sich bei der WBM nach dem Fall erkundigten. In Folge dessen hatte die WBM zwischenzeitlich ihren unkooperativen Kurs verlassen und stellte den Anwälten der Arbeiter Informationen zur Verfügung, die eine Klage ermöglichen sollten. Die Raffinesse der Demonstrationsvorbereitung zeigt sich auch darin, dass die Veranstalter die Information über diesen Umstand bis zur Kundgebung vor der WBM zurückgehalten hatten und so zu einer Verdichtung der Auseinandersetzung und einem ersten Erfolgsgefühl der DemonstrantInnen beitrugen.

Das mag auch der Grund dafür gewesen sein, dass die Kundgebung nicht abbröckelte, als eine Delegation der Veranstalter zu Verhandlungen ins WBM-Gebäude gebeten wurde und verdächtig lange drin blieb. Als Ergebnis der rund einstündigen Verhandlungen verpflichtete sich die WBM schriftlich, auf die CPM einzuwirken, innerhalb von zehn Tagen den ausstehenden Lohn aller Arbeiter dieser Baustelle – auch derer, die sich noch nicht als Geprellte gemeldet hatten – über die veranstaltenden Initiativen an die Arbeiter zu bezahlen. Die WBM hatte offenbar Angst um ihren guten Namen, die CPM Angst vor dem Verlust weiterer Aufträge; die Lohnsumme war überschaubar. Selbstverständlich verlautbarten beide Firmen, trotz der Regelung keinerlei Verantwortung für den Fall von Lohnraub zu tragen. Trotzdem stellt allein die Form der Geldübergabe über die anti-rassistischen Initiativen ein implizites Eingeständnis des besonderen (rassistischen) Charakters dieser Arbeitsverhältnisse und ihrer äußeren Bedingungen dar. Inzwischen sind die ausstehenden Lohnrückstände tatsächlich bezahlt.

Nachbemerkung
Weder bei der Kundgebung, in den Flugblättern, noch in den Verhandlungen im WBM-Gebäude, wurde thematisiert, dass die Arbeiter mit vereinbarten 6,25 Euro pro Stunde untertariflich bezahlt und insofern doppelt geprellt wurden, als die Tarife am Bau allgemeinverbindlich sind, d. h. auch dann gelten, wenn weder Arbeitgeber, noch Arbeiter in einem entsprechenden Verband Mitglied sind.[1] Der Mindestlohn an einer berliner Baustelle beträgt offiziell (Lohngruppe 1) 10,36 Euro.[2] Teile der organisierten Flüchtlinge und Illegalisierten vertreten die Position, dass sie auf Arbeit in der BRD angewiesen sind und auf Grund von institutionalisiertem und spontanem oder alltäglichem Rassismus nur dann erfolgreich auf den Arbeitsmärkten auftreten/konkurrieren können, wenn sie ihre Arbeitskraft unter Tarif anbieten. In dieser Perspektive ist eine gewerkschaftliche Forderung nach Tariflohn ohne vorgängigen Kampf gegen arbeits- und aufenthaltsrechtliche Bestimmungen, welche Arbeiter illegalisieren, eine protektionistische Maßnahme zur Beförderung der Interessen der Arbeiter bzw. Mitglieder mit Arbeitserlaubnis und staatsbürgerlichen Rechten zu Lasten der Illegalisierten. Damit ist eine denkbare und wünschenswerte Funktion von Gewerkschaften, die Konkurrenz innerhalb der Klasse zu minimieren, zu Gunsten einer Kartellbildung eines Teils der Klasse gegen den anderen, aufgegeben worden.

Wenn Gewerkschaften an diesen Konkurrenzkämpfen beteiligt sind, gibt es freilich keinen Grund mehr, nicht weitere Gräben zu ziehen, z.B. zu anderen Gewerkschaften, die ebenfalls Mitglieder organisieren, deren Lohnerwerb in der Durchführung der Repression im Zuge der Illegalisierung von ArbeiterInnen und Bekämpfung von Schwarzarbeit liegt. So freute sich aktuell der (Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft) BDZ[3] darüber, dass seine Lobbyarbeit, »dem Zoll die Aufgaben der Bekämpfung der illegalen Beschäftigung vollständig zu übertragen, Erfolg (hatte).«[4]

Hartz mal wieder...
Anlass dieser Freude[5] ist, dass »das Bundeskabinett ... am 2. Juli 2003 den Beschluss gefasst (hat), dass die Verfolgungszuständigkeiten der Bundesanstalt für Arbeit (BA) für die Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung auf die Zollverwaltung übertragen werden. Die entsprechenden gesetzlichen Zuständigkeitsregelungen sollen im Rahmen der Hartz Gesetze (sic!) erfolgen.«[6] Teil des Beschlusses des Bundeskabinetts ist die Verdopplung der Zahl der Beschäftigten im Bereich BillBZ (Bekämpfung illegaler Beschäftigung durch die Zollverwaltung). Die Übertragung der Verfolgung illegalisierter Beschäftigung von der Bundesanstalt für Arbeit, die bei ihren Razzien immerhin erst die Zusammenarbeit mit der Polizei koordinieren muss, bedeutet, dass künftig unmittelbar bewaffnete Organe tätig werden.[7] Da die gewerkschaftliche Organisierung des Zolls vom BDZ, die der Bundesanstalt für Arbeit aber von ver.di dominiert wird, vergrößert sich durch die Entscheidung des Bundeskabinetts der Einfluss- und Einzugsbereich des BDZ, während sich umgekehrt der von ver.di verringert.

Während diese Verschärfung der Repression durch die institutionelle Verschiebung erst Mitte nächsten Jahres organisatorisch umgesetzt werden soll/kann, besteht das Problem des breiten gesellschaftlichen Konsenses gegenüber (bewaffneter) Repression gegen in illegalisierten Arbeitsverhältnissen Beschäftigten für diese und die anti-rassistische Linke schon lange. Eine der Konsequenzen aus dem Erfolg, Lohnraub an Migranten zu thematisieren, war dann auch eine Razzia an der Baustelle Rathauspassagen am 2. Juli 2003. Die Flugblattwarnung der anti-rassistischen Initiativen im Vorfeld der Demonstration war also bitter notwendig. Über die Ergebnisse dieser Razzia ist nichts bekannt.

Dennoch bleibt die Demonstration und der erkämpfte Lohn ein klarer Erfolg für die Arbeiter, die beteiligten anti-rassistischen Initiativen und die anti-rassistische Linke in Berlin überhaupt. Bleibt zu hoffen, dass dieser konkrete Erfolg einer nicht sehr großen Mobilisierung gegen Lohnraub unter den schwierigen Bedingungen des Aufenthalts- und Arbeitsrechts zur Nachahmung in anderen Fällen ermuntert. Zumindest wurden während der Demo Kontakte ausgetauscht und ein Nachbereitungstreffen zur Bildung eines Netzwerkes für ähnliche Fälle angedacht, das bislang aber nicht stattgefunden hat.


Anmerkungen
1) Diese Mindestlöhne sind in der Zwischenzeit angehoben worden. Auf den Internetseiten des Arbeitsamtes werden die damals und die heute gültigen Mindestlöhne gegenübergestellt: http://www.arbeitsamt.de/hst/services/merkblatt/mb_aentg/tv.html - Der Text »Neue Mindestlöhne für gewerbliche Arbeitnehmer am Bau ab 1. September 2003« des Verbands Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e.V. informiert darüber, welche Tätigkeiten welchen Lohngruppen zugeordnet werden. Vgl. http://www.bbu.de/aktuell/recht/ar473.html

2) Dieser Tarif wird »natürlich« tausendfach unterboten.

3) Die Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft (BDZ) ist eine Mitgliedsorganisation des Deutschen Beamtenbundes. Seine zentrale Webseite ist: www.bdz.dbb.de

4) »BDZ aktuell. Bekämpfung der Schwarzarbeit: Zoll erhält alleinige Zuständigkeit«, in: http://www.bdz.dbb.de/aktuell/nachrichten/040703_schwarzarbeit.htm

5) Ausdruck dieser Freude und Zufriedenheit sind z.B. die Postings im Diskussionsforum der GdP Bundesfinanzpolizei: http://www.gdp-bundesfinanzpolizei.de/forum/messages/3035.html

6) Abdruck eines Briefes des Bundesministerium der Finanzen vom 2. Juli 2003 per Telefax an die Oberfinanzdirektionen, das Zollkriminalamt und andere: »Bekämpfung der Schwarzarbeit und der illegalen Beschäftigung«, Geschäftszeichen II A 6 – SV 3000 – 16/03, in: http://www.bdz.dbb.de/aktuell/nachrichten/schwarzarbeit_7_03.pdf

7) Titelbild von Springers größtem Hetzblatt in Berlin, der BZ vom 27. Juni 2003: »Jetzt schlägt der Zoll zu – bewaffnet und zornig«.

Erschienen im express, Zeitschrift für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, 8/03
Kontakt: Flüchtlingsinitiative Brandenburg (FIB), Tel. (0177) 7201629; Elexir-A (eine aus der Anti-Residenzpflichtkampagne hervorgegangene antirassistische Gruppe); erreichbar über: Antirassistische Initiative, Yorckstr. 59, 10965 Berlin, Tel. (030) 7857281, ari-berlin@gmx.de
Anmerkung des Autors: Die Informationen über die näheren Umstände des Lohnklaus an den Rathauspassagen, des Protestes dagegen und dessen Ergebnis stammen aus teilnehmender Beobachtung der Demonstration, Gesprächen mit AktivistInnen der beteiligten Initiativen und der berliner Presse.

 

Respect

ak 478 vom 21.11.2003

"Wir wollen ein großes Recht"

Hausarbeiterinnen in Berlin verschaffen sich Gehör und fordern ein "Recht auf Rechte"

Das europäische Respect-Netzwerk (www.respect-netz.de) wurde 1997 ins Leben gerufen und umfasst Hausarbeiterinnen-, MigrantInnen- und Unterstützungsorganisationen aus acht EU-Staaten (Großbritannien, Belgien, Frankreich, Holland, Italien, Spanien, Griechenland und Deutschland). Im Frühjahr 2000 wurde in Berlin das Respect-Netzwerk Deutschland gegründet.

Denise Catalan (Name geändert) aus Chile, 23 Jahre, lebt seit einigen Jahren in Deutschland. Sie ist Hausarbeiterin in Berlin und engagiert sich seit eineinhalb Jahren bei Respect. Während des ver.di-Bundeskongresses Ende Oktober in Berlin machte das Netzwerk auf die Situation von Hausarbeiterinnen aufmerksam. Respect ist Teil der Gesellschaft für Legalisierung (www.rechtauflegalisierung.de), der u.a. Kanak Attak, die Brandenburger Flüchtlingsinitiative, elexir-A und der Polnische Sozialrat angehören. Mit Catalan sprach Anke Schwarzer.



ak: Was sind die wichtigsten Ziele des Respect-Netzwerks?

Denise Catalan: Der Kernpunkt ist, dass wir Rechte fordern für Frauen, die im Privathaushalt arbeiten: Das Recht auf ein Gehalt am Monatsende und das Recht, frei von Machtmissbrauch zu arbeiten. Im Prinzip geht es uns um ein Recht auf Rechte. Außerdem wollen wir als normale Arbeiterinnen gesehen werden und nicht als Illegale, Papierlose oder Einwanderinnen.

Wie will Respect diese Ziele erreichen?

Die Methode, unsere Ziele durchzusetzen, besteht vor allem darin, Öffentlichkeit herzustellen. Wir berichten davon, wie die Rechte von Papierlosen in Deutschland missachtet werden, sei es im Arbeitsleben oder auch in anderen Bereichen. Deshalb nimmt Respect auch an der Legalisierungsoffensive teil. Hier in Berlin engagieren sich ein Dutzend Frauen bei Respect.

In der Debatte um bezahlte Hausarbeit tauchen immer wieder Vorschläge auf, die Arbeitsverhältnisse stärker zu regulieren, beispielsweise mit einer Green Card, Dienstleistungspools oder Gutscheinen. Wie steht Respect dazu?

Wir wollen kein kleines Recht, sondern wir wollen ein großes Recht. Insofern ist die Green Card, die gebunden an einen festen Arbeitsplatz und begrenzt auf einen bestimmten Zeitraum ist, nicht tragbar. Das ist zu wenig. Wir fordern das Recht, hier ganz normal arbeiten und all das tun zu dürfen, was deutsche Staatsbürger auch tun.

Viele Frauen identifizieren sich nicht mit der Tätigkeit als Putzkraft und verschweigen ihren Job. Manche haben auch wegen ihrer Pendelmigration wenig Zeit, sich zu organisieren. Wo liegen die größten Hürden für eine Organisierung und eine Artikulation gemeinsamer Interessen und Forderungen?

Es gibt auf der einen Seite die schlechten Lebenssituationen, die eine schnelle Lösung für die einzelne Hausarbeiterin erfordern, zum Beispiel, wenn eine Frau die Wohnung verliert, wenn ihr der Lohn nicht ausgezahlt wird, wenn sie festgenommen wurde und in Abschiebehaft sitzt. Auf der anderen Seite arbeiten wir auch an langfristigen, politischen Veränderungen. Es ist nicht leicht, den Konflikt zwischen den konkreten, alltäglichen und den grundlegenden Verbesserungen auszuhalten, beides zusammenzubringen und bei den langsamen Projekten nicht die Geduld zu verlieren. Das ist die Hauptschwierigkeit.

Natürlich befinden sich alle zunächst in einer Situation, die neu ist, die wir von zuhause nicht kennen. Wir müssen uns erst einmal zurechtfinden. Am Anfang geht es tatsächlich um einfache gegenseitige Unterstützung und den Aufbau von Netzwerken, die das alltägliche Leben erleichtern können. Manche Frauen kommen aber auch bereits politisiert in Deutschland an oder sind schon immer politische Menschen gewesen. Bei anderen erwacht das Interesse mit der Zeit, weil sie feststellen, dass die Situation auch anders verändert werden muss als immer nur in kleinen Schritten, wo sich alles immer wiederholt.

Wie sieht konkrete Unterstützung aus, zum Beispiel wenn jemand um den Lohn geprellt wird?

Wir versuchen den Leuten, die nicht zahlen wollen, ins Gewissen zu reden. Es ist aber nicht so, dass dann eine Truppe von Frauen dort auftaucht. Meistens versuchen wir per Telefon psychologischen Druck auszuüben. Und schließlich geht man natürlich dort nicht mehr arbeiten und sucht sich eine neue Stelle.

Das Respect-Netzwerk existiert bereits einige Jahre. Gibt es Fortschritte, hat sich etwas gebessert?

Ja, zumindest in den eineinhalb Jahren, in denen ich dabei bin, habe ich festgestellt, dass die Arbeit von Respect und anderen Gruppen sehr viel öffentlicher geworden ist. Das zeigt auch die Aktion bei ver.di. Das Thema wird jetzt von ganz normalen Leuten diskutiert. Auch der Kontakt und die Vernetzung mit anderen Gruppen ist enger und kontinuierlicher geworden. Wichtig ist außerdem die unsichtbare Arbeit der gegenseitigen Unterstützung in alltäglichen Problemen. Sie läuft kontinuierlich weiter - jede Woche, jeden Monat.

Wie haben ver.di-Mitglieder auf die Aktion von Respect während des Kongresses reagiert?

Als wir draußen Faltblätter an die Delegierten verteilten, waren die meisten aufgeschlossener als erwartet. Es gab auch die Möglichkeit, auf dem Kongress zu reden und unsere Forderungen an ver.di vorzutragen. Aber uns ist es schon oft mit unserem Kontakt zu ver.di passiert, dass viele Interesse zeigen, dass aber der Übergang zur Aktion in der Gewerkschaft nicht erfolgt. Was jetzt weiter passiert, ist sehr ungewiss.

Warum stockt die praktische Umsetzung bei ver.di?

Ich kenne mich nicht sehr gut in deutscher Politik aus, aber mein Eindruck ist, dass die Leute Angst haben, dass ihnen die Gewerkschaft auf diesem Weg nicht folgt und sagt, wir haben andere Sorgen. ver.di traut sich auch nicht, in der Öffentlichkeit für unsere Ziele einzutreten, und verhält sich sehr defensiv.

Mit welchen Forderungen richtet sich Respect an ver.di?

Wir wollen, dass uns die Gewerkschaft als Arbeiterinnen anschaut und uns die Türen öffnet und uns anhört. Sie soll das Augenmerk darauf legen, dass wir Arbeiterinnen sind und nicht darauf, dass wir ohne Papiere sind. Wir wollen auch ganz konkrete Unterstützung von der Gewerkschaft. Wir brauchen jemanden, der uns vertritt, der sich für unsere Arbeitsrechte einsetzt und wir nicht nur im Verborgenen arbeiten müssen. Sicher würden viele Frauen in die Gewerkschaft gehen. Einige waren auch zuhause in der Gewerkschaft, das ist eine ganz normale Sache. Aber es geht nicht nur darum, dass ver.di für uns die Türen öffnet, sondern dass in der Gewerkschaft dann auch tatsächlich etwas passiert. Mit der bloßen Mitgliedschaft ist es nicht getan. Die Kampagne muss weitergehen; das war erst der Anfang.

Inwiefern arbeitet Respect auch mit Hausarbeiterinnen zusammen, die einen deutschen Pass haben?

Ohne Zusammenarbeit geht es nicht. Die Migrantinnen haben viel Energie und Lust aktiv zu werden, aber wir brauchen Unterstützung von deutschen Frauen. Es fehlt die Erfahrung, wie die Dinge in Deutschland laufen. Aber im Moment gibt es zumindest in unserer Gruppe keine Deutsche. Wir hatten vor einiger Zeit Kontakt zur Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) aufgenommen, aber da ist nichts weiter daraus geworden, schon gar nicht mit einer der 300 Hausarbeiterinnen, die in dieser Gewerkschaft Mitglied sind.

 

Chemiekreis - Aventis

:: ChemiekreisNews ::

Erklärungen der Gewerkschaft SUD (Frankreich) und des Chemiekreises zum Versuch der Fusion von Sanofi und Aventis

17.02.2004

Gemeinsame Erklärung der SUD/Solidaires-Gewerkschaften von Aventis und Sanofi mit der Gemeinsamen Liste STANDORT FORUM / Mitglied im Chemiekreis

Wir, Gewerkschafter der SUD/Solidaires Aventis und Sanofi-Synthélabo aus Frankreich und gewerkschaftliche Aktivisten des Chemiekreis in Deutschland machen die Feststellung, dass die Fusionen in der pharmazeutischen Industrie als einziges Ziel finanzielle Rentabilität haben, häufig zum Nachteil tausender Arbeitsplätze.

Deshalb ergreifen wir im Rahmen dieses Übernahmeangebotes von Sanofi-Synthélabo gegenüber Aventis weder für die eine, noch für die andere Gesellschaft Partei.
Das Errichten eines « Europäischen Pharma-Champions » ist nicht selbstredend eine Garantie für das Niveau der sozialen Leistungen.

Wir sind der Auffassung, wie auch immer die Strategien der Firmen sein sollten, werden diese sich im Abbau von Arbeitsplätzen und Sozialleistungen darstellen.
Wir kämpfen für Beschäftigungssicherung bei den beiden Konzernen, unabhängig von der Lage der unterschiedlichen Aktivitäten (Deutschland und Frankreich)

Deshalb :

 Fordern wir : Die sofortige Beendigung aller Restrukturierungsmaßnahmen ; Den Stopp der Verkäufe von Gesellschaften , sowie den Stopp von Vereinbarung zu Sozialplänen . Wir erwarten von den Vorständen, zu diesem Projekt, genaue Informationen zu den Plänen der Arbeitsplätzenverringerung in diesen beiden Konzernen.

 Verlangen wir in jedem der beiden Konzerne die Einberufung von außerordentlichen Betriebsrats- und Aufsichtsratssitzungen.

 Verlangen wir von den Vorständen der beiden Konzerne, dass im Falle der erfolgreichen feindlichen Übernahme von Aventis durch Sanofi-Synthélabo, sich keine für die Beschäftigung schädliche Restrukturierung ereignen darf, weder in Frankreich noch in Deutschland oder in irgendeinem anderen Land, in denen die beiden Konzerne ein Geschäft betreiben.

 Verlangen wir, dass auf nationaler, wie auf europäischer Ebene eine Diskussion über die Forschung und Produktion von Medikamenten eröffnet wird ; Mit dem Ziel, welche Mittel aufzuwenden sind, um gesellschaftlich nützliche Medikamente herzustellen, und Antworten auf die wirklichen Bedürfnisse der öffentlichen Gesundheit zu geben.


Kontakte :
Für SUD Chimie Aventis
- Jean Claude Garret - sud-rpb@wanadoo.fr
Für SUD Chimie Sanofi-Synthélabo - christian.allegrechristian.allegre@Sanofi-Synthélabo.com

Für den Chemiekreis
- Klaus Lingner - Klaus.Lingner@aventis.com

Paris, le 17 février 2004


DECLARATION COMMUNE DES SYNDICATS SUD / SOLIDAIRES AVENTIS ET SANOFI ET DE STANDORT FORUM (membre de Chemie Kreis, groupe syndical allemand présent chez Aventis Allemagne)


Nous, syndicats SUD / SOLIDAIRES Aventis et Sanofi-synthélabo en France , et syndicalistes de Chemie Kreis en Allemagne, faisont le constat que les fusions dans l’industrie pharmaceutique n’ont qu’un but de rentabilité financière au détriment souvent de milliers d’emplois.

C’est pourquoi, dans le cadre de l’OPA Sanofi-Synthélabo/ Aventis nous ne prenons pas parti pour l’une ou l’autre des sociétés. L’émergence d’un « champion européen » de la pharmacie n’est pas en soit une garantie au niveau social.

Nous défendons l’idée que quelles que soient les stratégies des laboratoires, il est hors de question que cela se traduisent par des destructions d’emplois et des remises en cause d’acquis.
Nous défendons le maintien de l’emploi dans les deux groupes, indépendamment des localisations des différentes activités (Allemagne ou France).

C’est pourquoi :

- Nous exigeons l’arrêt de toutes restructurations, ventes de sociétés, plans sociaux, plans de suppressions d’emploi dans les deux groupes dans l’attente d’informations précises sur le projet.

- Nous demandons dans chacun des deux groupes la convocation de comités d’entreprise et d’établissement extraordinaires.

- Nous demandons aux directions des 2 groupes, qu'en cas de réussite de l’opération, aucune restructuration dommageable pour l’emploi ne se fasse en France, en Allemagne ou dans tout autre pays où les deux sociétés sont présentes.

- Nous demandons la mise en place au plan national et européen d’un débat sur la recherche et la production de médicaments, les moyens à mettre en œuvre pour produire les médicaments utiles à la société et répondant aux véritables besoins de santé publique.


Contacts :

Pour SUD Chimie Aventis Jean Claude Garret – Elbeuf.SUD@aventis.com

Pour SUD Chimie Sanofi-Synthélabo christian.allegre@sanofi-synthelabo.com

Pour Chemie Kreis Klaus.Lingner@aventis.com

Paris 17. Februar 2004



 

Chemiekreis - Aventis

:: ChemiekreisNews ::

Betriebsversammlung bei Aventis Frankfurt zum Thema Übernahme von Sanofi

03.02.2004

Rund 6000 Beschäftigte nahmen an der Betriebsversammlung heute bei Aventis Frankfurt teil. Wichtigster Tagesordnungspunkt war die von Sanofi (Bericht siehe frühere Meldung ChemiekreisNews) beabsichtigte feindliche Übernahe des Unternehmens.
Zuerst sah es nach einem solidarischen Zusammenstehen des Management, der Gewerkschaft IGBCE und der Beschäftigten aus. Der Vorstand bekam zu seinen Ausführungen, die Übernahme abzuwehren, grossen Beifall. Dann schütteten Klaus Weil und Klaus Lingner das erste Salz in die Wunden, indem sie darauf aufmerksam machten, dass der Hoechst (Aventis-Vorgänger)-Vorstand sowie die IG BCE ja vorgemacht hatten wie man andere Unternehmen übernimmt und Personal abbaut. Als dann Hans Werner Krauss, ebenfalls von der Gruppe Standort Forum (Mitglied im Chemiekreis) forderte, weltweit für jeden Beschäfftigten einen Arbeisplatzsicherungsvertrag abzuschliessen war nicht nur der Beifall riesig! Auch konnte das Vorstandmitglied von Aventis H.W. Meier mit seinen Gegenvorschlägen keinen Punkt mehr machen.

 

Chemiekreis - Aventis

Chemiekreisnews:

STANDORT FORUM


Gier ist geiler!

Vodafon / Mannesmann lassen grüßen.

Die Gerüchteküche ist geschlossen. Sanofi-Synthelabo macht Nägel mit Köpfen und hat sein „Vorläufiges Angebot“ für die Aventis SA auf den Tisch gelegt. Die Verlierer stehen bereits fest. Die Belegschaften von Aventis und Sanofi-Synthelabo werden die Kosten der Strategischen Managmentspiele bezahlen müssen.

In einem ersten Angebot wurden von Sanofi-Synthelabo 50 Milliarden Euro geboten. Die Kapitalkosten für diese ungeheure Summe werden nach einer Übernahme oder einer Fusion auf jeden Fall die Beschäftigten tragen müssen. Sicherlich wird dieses Angebot in den nächsten Wochen noch erhöht werden.

Weiterhin sind massive Arbeitsplatzvernichtung, Sozialabbau und Entgeldkürzungen sichere Folgen. Sanofi geht von 2 Milliarden an direkten Umstrukturierungskosten aus und erwartet Einsparungen von 1,6 Milliarden Euro pro Jahr. Das sind auf jeden Fall mehrere tausend Arbeitsplätze, deren Vernichtung hier geplant wird.

Die an dem Deal beteiligten Manager von Sanofi-Synthelabo und Aventis und die Banken reiben sich schon die Hände, an denen mit Sicherheit riesige Bonuszahlungen kleben bleiben. Mannesmann Vodafon lassen grüßen!





Vertrauensselig?

Am 25.01.04 erklärte der Vertreter der deutschen Arbeitnehmer im Aufsichtsrat der Aventis, Werner Bischoff (hauptamtliches Mitglied des IG BCE-Hauptvorstandes), er habe keine Informationen über eine bevorstehende feindliche Übernahme durch Sanofi-Synthelabo, bzw. eine Fusion. Warum sollte er sie auch haben? Die Erfahrung zeigt den Managern bei Aventis seit langem, dass die IG BCE bereit ist, alles in vertrauensseliger Zusammenarbeit abzusegnen, auch wenn sie vorher weder informiert noch gehört worden war. Sie wäre auch überfordert, wenn man von ihr verlangte, dass sie sich bei den bestehenden Hinweisen auf eine Übernahme oder Fusion mit den französischen Gewerkschaften an einen Tisch setzt, um gemeinsame Strategien zu entwickeln. In der nächsten Zeit werden wieder die üblichen Sprüche von ihnen zu hören sein: Gegen die unternehmerischen Entscheidungen können wir nichts machen, wir haben kein Mitbestimmungsrecht.

Aber vielleicht lohnt sich auch das Geschäft für die Arbeitnehmervertreter in den am Deal beteiligten Aufsichtsräten.

Egal!





Egal wie die Strategien von Sanofi-Synthelabo oder Aventis aussehen und wie sie sich in den nächsten Tagen und Wochen entwickeln werden, sie sind geprägt von zynischer Machtgeilheit und der unendlichen Gier der beteiligten Manager.

Nicht egal darf es uns als Beschäftigte sein, wie mit unseren Interessen an langfristig sicheren Arbeitsplätzen bei guter Bezahlung und guten Arbeitsbedingungen umgegangen wird. Es wird jetzt auch auf uns selbst ankommen. Denn die Wahrung unserer Interessen hängt mit davon ab, ob und wie wir bereit sind dafür zu kämpfen.

Wir haben im Betriebsrat sofort einen Antrag auf Durchführung einer außerordentlichen Betriebsversammlung gestellt, um mit der Belegschaft zu diskutieren und zu entscheiden, wie wir uns gegen Arbeitsplatzabbau und Verschlechterungen wehren wollen. Bei den Erfahrungen, die wir im letzten Jahrzehnt gemacht haben, dürfen wir uns nicht noch einmal wie eine „Hammelherde“ zur Schlachtbank führen lassen.





Unsere Betriebsratsmehrheit wieder vor dem Versagen ?





Bereits seit Wochen ist im Betriebsrat bekannt, dass etwas Entscheidendes geschehen wird. Auf Wunsch des Arbeitgebers wird über einen neuen Sozialplan und Interessenausgleich verhandelt. Aus unserer Sicht ein klares Zeichen dafür, dass man wusste was Sanofi-Synthelabo plant. Und damit die Planungen von Aventis und Sanofi-Synthelabo möglichst reibungslos über die Bühne gehen, hat sich der europäische Betriebsrat von den Aventis-Managern auch gleich ganz vertrauensvoll einen Maulkorb verordnen lassen. Aus Paris kommend, haben M. Klippel, M. Reiter und F. Conradi den Betriebsräten mitgeteilt, dass allen Belegschaftsmitgliedern und Betriebsratsmitgliedern untersagt ist, externe Anfragen zu beantworten.

So einfach hat es der Arbeitgeber, die zu finden, die „die Hammelherde“ zur Schlachtbank führen. - Aber nicht mit uns!

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